Meyerholds »uslovnyj teatr« oder Groteske auf dem Scheitelpunkt. Theaterkunst zwischen Russland und Europa in der Moderne des 20. Jahrhunderts (Arbeitstitel)

  • Forscher*in: Maria Koch
  • Institution: Universität Leipzig
  • Betreuer*in(nen): Prof. em. Dr. Gerda Baumbach

Die Dissertation befasst sich mit der osteuropäischen Theateravantgarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Zentraler Gegenstand dabei ist die Tätigkeit des russischen Regisseurs und Theatererneuerers Vsevolod Ė. Meyerhold und seine hierfür grundlegende Konzeption des »uslovnyj teatr«, welche er 1912/13 in seinem Hauptmanifest »Balagan« (Jahrmarkttheater) formulierte. Den Ausgangspunkt und Rahmen bildet eine exemplarische Inszenierungsarbeit Meyerholds in Moskau 1926, die einen äußerst scharf ausgetragenen Theaterskandal auslöste und damit gleichzeitig den kritischen Moment einer an der Schwelle zum Stalinismus stehenden Gesellschaft markiert. Die Analyse richtet sich auf die einzelnen unterschiedlichen Bedeutungsebenen der »uslovnost’« und möchte – gemäß einem »Narrativ der Gleichzeitigkeit« – aufzeigen, welche experimentellen und historisch-theoretischen Forschungsleistungen notwendig waren, um ihre methodischen Forderungen in der Theaterpraxis einzulösen. Die Untersuchung soll Aufschluss geben über die immense Durchschlagskraft der von Meyerhold praktizierten Theaterkunst, die sich im Kern durch »Groteske« als Stil der Schauspielkunst kennzeichnet.

Maria Koch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin (Doktorandenförderplatz) am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig.

Theaterlobby gegen Zirkus. Zur Wende im Kräfteverhältnis zweier Theaterformen zwischen 1869 und 1918 in Berlin

  • Forscher*in: Mirjam Hildbrand
  • Institution: Universität Bern
  • Betreuer*in(nen): Prof. Dr. Andreas Kotte

Die Dissertation widmet sich dem Verhältnis von Zirkus und Theater im sogenannten langen 19. Jahrhundert in Berlin. Im Forschungszeitraum wurde das Bildungs- und Literaturtheater kontinuierlich aufgewertet und ab 1918 als Institution der Hochkultur etabliert. Um 1850 erlangte auch der Zirkus einen festen Platz in der deutschsprachigen Theaterlandschaft und trat mit dem bürgerlichen Theater in Konkurrenz – insbesondere nach Einführung der Gewerbefreiheit im Jahr 1869. Diese Situation führte nicht nur zu Diskreditierungen des Zirkus im Theaterdiskurs, sondern auch zu politischen Vorstössen der Theaterverbände gegenüber Zirkusunternehmen. Doch obwohl die Theatergesetze ab 1880 zu Lasten der Zirkusse verschärft wurden, war der Erfolg letzterer bis in die 1910er Jahre ungebremst. Dann kehrte sich das Kräfteverhältnis der beiden Theaterformen jedoch um. Der spannungsgeladenen Beziehung von Zirkus und Theater sowie der Wende in ihrem Kräfteverhältnis geht das Projekt mittels einer Diskursanalyse auf den Grund. Ausgehend von der 1869 liberalisierten und bis 1917 mehrfach revidierten Theatergesetzgebung, untersucht die Dissertation entsprechende Diskussionen des Gesetzgebers, die Interessenpolitik der verschiedenen involvierten Verbände und die begleitendende Berichterstattung der Presse. Insbesondere die Zeit nach 1900 wird dabei auch im Hinblick auf die Frage analysiert, inwiefern bestimmte Faktoren (Krieg, Inflation, Konkurrenz durch Varieté und Kino, Umstellung auf den Zeltzirkus) auf die Veränderung des Verhältnisses der beiden Theaterformen einwirkten. Ausserdem beleuchtet das Projekt die Berliner Zirkuskultur, d.h. ihre Institutionen und Produktionen sowie deren Rezeption. Auf diese Weise soll das Projekt auch Aufschluss über die künstlerische Praxis der Berliner Zirkusse um 1900 geben.

Mirjam Hildbrand doktoriert im Rahmen eines Stipendiums des Schweizerischen Nationalfonds am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Bern.

Dramaturgie als diskursive Schaltstelle. Relationen zwischen Theater und Gesellschaft in der BRD der 70er Jahre (Arbeitstitel)

  • Forscher*in: Giorgio Chiappa
  • Institution: Freie Universität Berlin
  • Betreuer*in(nen): Prof. Dr. Matthias Warstat

Im Zentrum dieser Dissertation stehen theaterdramaturgische Verfahren im Kontext der Bundesrepublik Deutschland der 1970er Jahren, mit besonderem Fokus auf Produktionsdramaturgie. Dabei sollten die Arbeitsweisen von Dramaturg*innen sowie ihre jeweils unterschiedlich gestaltete Teilnahme an der Ensemblearbeit anhand konkreter Beispielfälle aus der damaligen bundesdeutschen Theaterlandschaft (Schaubühne am Halleschen Ufer Berlin, Schauspiel Stuttgart und Schauspielhaus Bochum, Staatliche Schauspielbühnen Berlin, Düsseldorfer Schauspielhaus…) untersucht werden. Die Dissertation wirft außerdem Fragen über Möglichkeiten und Methoden einer Geschichtsschreibung der Dramaturgie innerhalb der Theaterhistoriographie auf.

Szenen bürgerlicher Festkultur. Frankfurt a.M. zwischen Nostalgie und Zukunftslust um 1900

  • Forscher*in: Christina Vollmert
  • Institution: Universität zu Köln / Theaterwissenschaftliche Sammlung Universität zu Köln
  • Betreuer*in(nen): Prof. Dr. Peter W. Marx, Prof. Dr. Stefan Hulfeld

Ausgehend von bislang unerforschten Archivmaterialien aus der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln zur Frankfurter Festkultur geht das Promotionsprojekt der Frage nach, inwiefern sich theatrale und performative Praktiken am Ende des 19. Jahrhunderts an der Formatierung neuer Wahrnehmungsformen und an der Akzeptanz neuer Technologien und Medien beteiligen.  Dabei ist zum einen die zeitliche Fokussierung bedeutend – das Ende des 19. Jahrhunderts als eine Zeit des Aufbruchs in die Moderne und als Phase sozialer und kultureller Umbrüche – als auch die (oftmals marginalisierte) Stadt Frankfurt am Main in ihrer Bedeutung als großstädtischer ‚Erfahrungsort‘ der Moderne. Insbesondere die Wechselwirkungen zwischen medienkulturgeschichtlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen sind dabei entscheidend, um die Frankfurter Festkultur in ihrer kommunikativen Charakteristik und als Ort gesellschaftlicher Bedeutungskonstruktion zu erfassen.  In drei Fallstudien wird das Material aus einer theaterwissenschaftlichen Perspektive analysiert: (1) Altstädtische Feste – Inszenierung historischer Wurzeln, (2) Schützen-, Turner- und Sängerfeste:  Kollektiv(e) Körper, (3) Industrie- und Technikausstellungen – Technik als Spektakel.

Christina Vollmert ist Doktorandin am Institut für Medienkultur und Theater  der Universität zu Köln, Kollegiatin der a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln, am Institut für Kunst- und Kunsttheorie und am Lehrstuhl für Medienpädagogik und Mediendidaktik.

Enter Oberammergau. Zur Konstituierung und Institutionalisierung des hybriden Raumes Oberammergau seit dem 19. Jahrhundert

  • Forscher*in: Dominic Zerhoch
  • Institution: Johannes Gutenberg-Universität Mainz
  • Betreuer*in(nen): JProf. Dr. habil. Julia Stenzel

Unter dem Arbeitstitel „Enter Oberammergau. Zur Konstituierung des hybriden Raumes Oberammergau seit dem 19. Jahrhundert“ widmet sich das Promotionsvorhaben Oberammergau und seinem Passionsspiel aus raumtheoretisch-szenographischer Perspektive und untersucht den „Raum Oberammergau“ in seinem historischen Wandel ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Auf der Grundlage von quellenanalytischen Studien stehen im Fokus der Forschung sowohl Fragen nach der Evokation des Raumes durch mediale Repräsentation und deren Distribution mit Beginn der Nutzung von technischen Massenmedien, als auch die leibliche Aneignung innerhalb unterschiedlich geprägter medialer Dispositive. In diesem Zusammenhang soll auch die konkrete räumliche Materialität des Dorfes Oberammergau sowie der Bühne als künstlerisch produzierte Räume des Passionsspiels analysiert werden. Auf diese Weise, so möchte die Studie zeigen, wird der Raum Oberammergau stets durch seine Hybridität charakterisiert, die u.a. durch epochale, topologische und historische Überlagerungen erzeugt wird.

Traditioneller Fortschritt. Die elektrische Moderne im provinziellen Hoftheater

  • Forscher*in: Miriam Höller
  • Institution: Ludwig-Maximilians-Universität München
  • Betreuer*in(nen): Prof. Dr. Ulf Otto

Das Dissertationsvorhaben befasst sich mit der Technisierung und Elektrifizierung des Hoftheaters Stuttgart, also einem höfischen Theater abseits der großen Metropolen, um 1900. Das neue elektrische Licht wird in dieser Zeit mit Bedeutung aufgeladen, wird mit Konzepten von sozialem und kulturellem Fortschritt und bürgerlichem Zukunftsoptimismus verknüpft. Zugleich treten jedoch Zukunftsängste und ein Festhalten am Bestehenden auf. Der Elektrifizierungsprozess des Theaters führt daher zu einer Kontroverse in der Stadtgesellschaft und ist nur im Kontext der Entwicklungen in der Stadt ‒ wie z.B. elektrische Straßenbahnen, Straßenbeleuchtungen, nächtliche Großstadtvergnügungen ‒ nachvollziehbar. Daher spürt die Arbeit besonders der Korrelation zwischen (Hof-)Theater und Stadt nach, um aufzeigen zu können, inwiefern in dieser Umbruchszeit der Modernisierung auch neue Weltbilder, Konzepte und Imaginationen über die Stadt und ihre Gesellschaft entstehen, die sich u.a. über das Theater formulieren. Die Arbeit geht insbesondere der Frage nach, inwiefern das technisierte Theater als Vehikel für die Transformation der Stadt zur modernen Großstadt wahrgenommen wurde.

Miriam Höller ist Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Theaterwissenschaft der LMU München. Das Projekt ist Teil des von der Volkswagen-Stiftung geförderten Forschungsprojektes „Energien des Spektakels. Zur Theatralität der Elektrizität und der Elektrifizierung des Theaters, 1870-1930“.

Weitere Informationen und Kontaktdaten hier

Theaterausstellungen, Ausstellungsmedien und Geisteswissenschaften um 1900

  • Forscher*in: Lotte Schüßler
  • Institution: Humboldt-Universität zu Berlin
  • Betreuer*in(nen): Prof. Dr. Viktoria Tkaczyk, Prof. Dr. Matthias Warstat

Das Dissertationsprojekt widmet sich drei großen Theaterausstellungen: die Internationale Ausstellung für Musik- und Theaterwesen Wien 1892, die Deutsche Theaterausstellung Berlin 1910 und die Deutsche Theater-Ausstellung Magdeburg 1927. Diese Ausstellungen präsentierten einem breiten wie einem fachlichen Publikum zeitgenössische Theaterkunst, Theatergeschichte, Theaterindustrie und ‑gewerbe sowie die Beziehungen des Theaters mit anderen Künsten und Medien.  Anhand der drei interdisziplinären Ausstellungen zeigt das Projekt, wie sich im deutschsprachigen Raum um 1900 eine Geschichte der Geisteswissenschaften aufspannte, die über rein universitäre Entwicklungen und akademische Praktiken hinausging. Disziplinen wie die Theaterwissenschaft, die Musik- und Filmwissenschaft wurden institutionalisiert und methodisch spezialisiert – genauso aber durch eine populär-wissenschaftliche Ausstellungskultur konzeptualisiert, propagiert und popularisiert. Neben personellen und institutionellen Verknüpfungen zwischen den Ausstellungen und geisteswissenschaftlichen Disziplinen fokussiert das Projekt insbesondere visuelle und klangliche Medien (Displays, Kataloge, illustrierte Bücher, Lehrfilme, Phonographen), die die Theaterausstellungen mit sich brachten.

Lotte Schüßler ist Doktorandin an der Humboldt-Universität zu Berlin und Visiting Predoctoral Fellow in der Forschungsgruppe „Epistemes of Modern Acoustics“ am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte. Weitere Informationen siehe hier.

„Spiel- und Spiegelform des Lebens“: Theatralität und jüdische Erfahrung in der Wiener Moderne

  • Forscher*in: Theresa Eisele
  • Institution: Universität Wien
  • Betreuer*in(nen): Prof. Dr. Stefan Hulfeld

Die theatrale Dimension jüdischer Erfahrung in der Moderne ist Ausgangspunkt des Dissertationsprojekts, das Jüdische Geschichte und Theatergeschichte des Wiener Fin de Siècle verbindend befragt. Es verfolgt dabei anhand von historiographischen Materialstudien die Aushandlung von jüdischer Zugehörigkeit im Zusammenhang mit der Marginalisierung und Legitimation bestimmter Theatertraditionen. Diese theater- und kulturhistorischen Verdrängungs- und Aufwertungsprozesse werden im Gefüge in ihren räumlichen und zeitlichen Dimensionen versteh- und erzählbar; sie werfen darüber hinaus Fragen nach Menschen- und Gesellschaftsvorstellungen der Moderne – ausgehandelt auf den Theater- und Lebensbühnen Wiens – auf.